Die hohen Milliardenhilfen des Bundes für die Intel-Ansiedlung in Magdeburg sind von Wirtschaftsforschern und Mittelstandsverbänden kritisiert worden. «Die astronomische Summe, die Intel als Subventionen von der Bundesregierung zugesagt bekommen hat, ist kaum noch zu rechtfertigen», sagte der Vorsitzende des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Markus Jerger. Es sei eine bedenkliche Entwicklung, dass sich Großinvestoren scheinbar nur noch bei erheblicher öffentlicher Kofinanzierung für den Standort Deutschland entscheiden.
Die Ansiedlung des US-Chipherstellers in Magdeburg sei «extrem teuer erkauft» worden, betonte der geschäftsführende Vorstand des Deutschen Mittelstands-Bundes (DMB), Marc Tenbieg. Der Mittelstand in Deutschland kämpfe selbst ums Überleben. «Maßlose Subventionierungen US-amerikanischer Unternehmen helfen nicht der deutschen Wirtschaft und brüskieren den innovativen Mittelstand.»
Kritik auch von Wirtschaftsforschern
Auch führende Wirtschaftsforschungsinstitute sehen die Staatshilfe von 9,9 Milliarden Euro kritisch. Mit Aussagen zu Intel habe man das Unternehmen eingeladen, die Forderungen hochzutreiben, sagte der stellvertretende Leiter des Ifo-Instituts Dresden, Joachim Ragnitz. «Die Politik hat sich über den Tisch ziehen lassen, weil sie gesagt haben, wir wollen Euch unbedingt.»
Grundsätzlich handele es sich um eine ungeheuer große Subvention, sagte der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle, Reint Gropp. Im internationalen Vergleich sei dies jedoch immer noch klein. Weltweit würden derzeit in der Halbleiter-Industrie rund 700 Milliarden Euro als Subventionen gezahlt.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) verteidigte die Zugeständnisse in Magdeburg. Es handele sich bei dieser Investition um ein riesiges Konjunkturprogramm für ganz Deutschland. Es sei ein Projekt von «historischer Dimension» und könne nur erfolgreich sein, wenn es gesamtgesellschaftlich getragen werde.
Weitere Zugeständnisse an Intel
Die Bundesregierung hat Intel weitere Zugeständnisse zugesichert. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nannte unter anderem Absprachen über möglichst niedrige Stromkosten für die Chipfabrik in Magdeburg. Dazu zähle auch die Entwicklung eines Konzeptes für wettbewerbsfähigen Industriestrom. Dies sei zuvor auch mit Unternehmen und einer Arbeitsgruppe im Kanzleramt besprochen worden.
Intel ist nach dpa-Informationen in Verhandlungen mit einem örtlichen Energieversorger über einen durchschnittlichen Strompreis von zehn Cent je Kilowattstunde für 20 Jahre. Sollten die Marktpreise im Laufe dieser Zeit über Gebühr steigen, wollen Bundesregierung und Intel verhandeln, wie Mehrbelastungen für Intel aufgefangen werden können. Zuvor hatte darüber die «Süddeutsche Zeitung» berichtet.
Am Montag hatten die Bundesregierung und das US-Unternehmen eine Vereinbarung unterzeichnet, die staatliche Hilfen seitens des Bundes in Höhe von rund 9,9 Milliarden Euro vorsieht. Insgesamt sollen rund 30 Milliarden Euro in den Bau mehrer Chipfabriken in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) fließen.
Über die Einführung eines Industriestrompreises gibt es Streit in der Regierungskoalition in Berlin. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will mit staatlichen Milliardenhilfen wettbewerbsfähige Strompreise für die Industrie ermöglichen. Vor allem die mitregierende FDP von Finanzminister Christian Lindner ist dagegen.
Auch beim Planungsverfahren kündigte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Beschleunigungen an. Hier müsse an vielen Stellen bundesrechtlich nachjustiert werden. Es brauche eine Beschleunigung, um den von Intel vorgegebenen Zeittakt zu schaffen. Das US-Unternehmen will im ersten Halbjahr 2024 mit dem Bau der Fabriken bei Magdeburg beginnen.
Weitere Nachrichten
Cyberangriff auf Fernwartungssoftware-Anbieter Teamviewer
Verbraucher auf dem Land können auf besseres Internet hoffen
Verbraucher auf dem Land können auf besseres Internet hoffen