Bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens setzen erste deutsche Krankenhäuser auf eigene 5G-Mobilfunknetze.
Nach der Bonner Universitätsklinik Ende 2020 und einem Leipziger Helios-Krankenhaus in diesem Sommer nahm nun auch das Düsseldorfer Universitätsklinikum ein eigenes Netz in dem Mobilfunkstandard in Angriff. Die ersten 5G-Antennen seien aktiviert worden, teilte Vodafone am Mittwoch mit. Insgesamt würden rund 250 Mini-Antennen in den kommenden Monaten in das neue Campusnetz eingebunden.
Die 5. Mobilfunkgeneration (5G) soll an Kliniken die Übermittlung großer Datensätze von Computertomographien (CT) oder Kernspintomographien (MRT) ermöglichen, damit Ärzte anderer Abteilungen schnell Informationen bekommen und die Behandlung ohne Unterbrechungen und Wartezeiten weitergehen kann. Auch vernetzte «Augmented Reality»-Brillen für Operationen sollen dank 5G gut einsetzbar sein und die virtuelle Darstellung von Körperteilen verbessern.
5G soll ruckelfreie Übertragungen und die dreidimensionale virtuelle Darstellung von Organen ermöglichen, damit Mediziner und Patienten besser Bescheid wissen. Mit Chips am Körper – «digitalen Pflastern» – sollen Vitaldaten überwacht werden – gibt es Probleme, wird augenblicklich Alarm geschlagen.
Die Deutsche Telekom startete Ende 2020 ein 5G-Campusnetz am Universitätsklinikum Bonn. Das Netz laufe gut und reibungslos, sagte der Chef des IT-Klinikgeschäfts des Bonner Konzerns, Michael Waldbrenner. Im Vergleich zum Festnetz-Internet über WLAN habe 5G den großen Vorteil, dass es eine stabile Echtzeit-Übertragung immens großer Datenmengen ermögliche. In den teilweise sehr alten Gebäuden deutscher Krankenhäuser sei die Verkabelung für besseres WLAN mitunter sehr aufwendig, auch deshalb biete sich der Funkstandard an. «An deutschen Krankenhäusern gibt es einen großen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung, 5G ist hierfür ein wichtiger Schlüssel.»
Die Leitung der Bonner Uniklinik zeigte sich sehr zufrieden mit dem bisherigen 5G-Einsatz, die Patientenversorgung sei verbessert worden. Derzeit geht es um einen verbesserten und beschleunigten Datenaustausch. «Durch 5G wird es möglich, radiologische Bilddaten auch unabhängig von festen Workstations in kürzester Zeit auf dem Campus zu transportieren», sagt die Radiologin Ulrike Attenberger. Künftig soll der Funkstandard in Bonn auch in der Robotik für Operationen genutzt werden und für fahrerlosen Transport – etwa wenn Betten mit Patienten innerhalb der Klinik zu Untersuchungen fahren, und zwar automatisiert, ohne dass jemand schieben muss.
Attenberger verweist auf große Zeitersparnis, was bei Notfällen sehr wichtig sei. Experten könnten jederzeit und von überall auf dem Klinikcampus ihre Einschätzung abgeben. «Gerade im Hinblick auf die Versorgung Schwerstverletzter wird hier wertvolle Zeit gespart.»
Ist 5G für eine Klinik eine teure Sache? Der Bonner Unichef Wolfgang Holzgreve sagt mit Blick auf die Fortschritte, dass sich die Waagschale der Kosten-Nutzen-Relation «eindeutig auf die Seite des Nutzens» senke.
Auch Vodafone-Deutschlandchef Ametsreiter betont die Vorteile: «5G ist viel präziser als WLAN, es gehen keine Datenpakete verloren, und es wird eine stabile Übertragung sichergestellt.» Zudem könnte auf eine aufwendige Verkabelung verzichtet werden. Sowohl Vodafone als auch die Telekom sind nach eigenem Bekunden in Gesprächen mit weiteren Klinken als Kunden.
Die sogenannten Campusnetze funken nur auf dem Klinikgelände, sie sind nicht öffentlich – und damit vor Hackern von außen geschützt. «In Sachen Datensicherheit haben 5G-Campusnetze große Vorteile», sagt Telekom-Manager Waldbrenner. Separat hierzu gibt es ein öffentliches 5G-Netz, das zum Beispiel eine Verbindung mit Spezialisten in anderen Städten herstellt und deren Expertise dann in Echtzeit bei Operationen oder Behandlungen einbinden kann.
Telefónica begann im August mit dem Aufbau eines 5G-Netzes an einem Helios-Krankenhaus in Leipzig, zum Jahresende soll es in Betrieb gehen. «5G bietet extrem hohe Datengeschwindigkeiten und sehr kurze Reaktionszeiten von bis zu einer Millisekunde», sagt Telefónica-Deutschlandchef Markus Haas. Ein Beispiel aus Spanien zeigt das große Potenzial der Technik für die Gesundheitsbranche: Im Herbst 2019 fand nach Angaben von Telefónica im spanischen Málaga eine Knie-Operation statt, bei der die Ärzte «Augmented Reality»-Technologie nutzten. Über ein Assistenzsystem auf Basis von 5G war ein externer Fachmann eingebunden – der befand sich damals in rund 9000 Kilometern Entfernung, im japanischen Osaka.
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