Mit einem milliardenschweren Plan soll die EU künftig von einem Mikrochipmangel verschont bleiben. Heute stellt unter anderem Kommissionschefin Ursula von der Leyen den sogenannten Chips Act vor.
Nach Angaben von Binnenmarktkommissar Thierry Breton sollen damit weit mehr als 40 Milliarden Euro an öffentlichen Geldern mobilisiert werden. Verbraucherinnen und Verbraucher merken die Chipkrise derzeit etwa an langen Wartezeiten für Neuwagen oder Lieferschwierigkeiten bei neuesten Spielkonsolen wie der Playstation 5.
Der Chips Act soll verhindern, dass Europa von anderen Regionen wie Asien oder Amerika abgehängt wird. Auch Staaten die USA oder China investieren viel Geld in diesen Industriezweig. Bei den US-Plänen rechnet die EU-Kommission mit Zuweisungen von rund 52 Milliarden Dollar (45 Mrd Euro). China investiere geschätzt 150 Milliarden bis Ende des Jahrzehnts. Nun legt die EU nach: 12 Milliarden Euro sollen für Forschung und Entwicklung sowie 30 Milliarden Euro für die Errichtung großer Produktionsanlagen mobilisiert werden.
Deutsche Autoindustrie leidet
Von der Leyen hatte Mitte September angekündigt, ein europäisches Wirtschaftssystem für Mikrochips aufbauen zu wollen. Unter dem Mangel leidet etwa in Deutschland besonders die Autoindustrie. Immer wieder muss die Produktion gekürzt werden.
Das Ziel ist ambitioniert: Der EU-Anteil auf dem Weltmarkt für Chips soll nach Kommissionsangaben auf 20 Prozent wachsen und damit verdoppelt werden. Dafür müsste sich die Produktion vervierfachen, da erwartet wird, dass sich der Markt bis 2030 verdoppelt.
«Mikroelektronik ist eine Schlüsseltechnologie im digitalen Zeitalter, und Halbleiter sind die Basis für alle digitalen Anwendungen», betont der Präsident des deutschen Digitalverbands Bitkom, Achim Berg. Ziel müsse es sein, ein europäisches Mikroelektronik-Ökosystem zu schaffen. Dieses solle sowohl Design als auch Produktion umfassen. Aber auch eine Offenheit gegenüber dem Weltmarkt müsse gewahrt bleiben.
Europäisches Ökosystem vs. Weltmarktoffenheit
Diesen Balanceakt haben vor allem zwei einflussreiche Kommissionsmitglieder geprägt: Binnenmarktkommissar Breton und die für Wettbewerb zuständige Kommissarin Margrethe Vestager. Dabei gab es immer wieder Berichte über Konflikte zwischen den beiden. Der ehemalige Manager Breton steht für ein französisches, traditionell eher staatlich geprägtes Wirtschaftsmodell. Vestager hingegen gehört zur liberalen Gruppierung Renew Europe, der etwa auch die FDP angehört, und die eher für weniger staatliche Einmischung in die Wirtschaft steht.
Die Dänin hatte schon vor Monaten davor gewarnt, dass Firmen Staaten wegen möglicher Zuschüsse gegeneinander ausspielen könnten. «Wir müssen einen Subventionswettlauf vermeiden», sagte sie. Breton warnte Mitte September in einem Blog-Eintrag hingegen, dass die EU angesichts der hohen Investitionen anderer Länder zurückbleiben könnte.
Dass sich die EU im Subventionskampf verhebt, sieht er nicht so. Zudem sollen Firmen, die staatliche Förderung bekommen, sich an bestimmte Regeln halten müssen. In Ausnahmefällen solle dafür gesorgt werden können, dass erst EU-Interessen bedient würden, sagte er der dpa.
«Jeder industriepolitische Eingriff der EU birgt immer auch die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung», betont Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung. Es müsse darauf geachtet werden, dass individuelle Unternehmensförderungen nicht dazu führten.
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