Hotels, die sich auf Buchungsportalen wie Booking.com präsentieren, können ihre Zimmer auf der eigenen Internetseite ungestraft günstiger anbieten.
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschied am Dienstag in Karlsruhe, dass die Plattformen dies nicht über sogenannte Bestpreisklauseln in ihren Verträgen unterbinden dürfen. Damit gehören solche Klauseln auf dem deutschen Hotelmarkt endgültig der Vergangenheit an. (Az. KVR 54/20)
Auf Portalen wie Booking.com, HRS und Expedia können Nutzer eine Vielzahl an Hotels und anderen Unterkünften vergleichen und auch direkt buchen. Für jede erfolgreiche Vermittlung über die Seite kassiert der Betreiber vom Hotel eine Provision. Beim Zimmerpreis wird das mit einkalkuliert – der Nutzer zahlt also indirekt. Bei Buchungen direkt beim Hotel schlägt so eine Provision naturgemäß nicht zu Buche. Hier könnten die Zimmer billiger sein.
Portale wie Booking und HRS hatten ihren Partnerhotels ursprünglich ganz untersagt, ihre Zimmer irgendwo anders günstiger anzubieten. Solche «weiten» Bestpreisklauseln sind bereits seit 2015 rechtskräftig verboten. Booking hatte daraufhin auf eine «enge» Klausel umgestellt, die sich nur auf die hoteleigene Seite bezog. Auf konkurrierenden Portalen oder im Offline-Vertrieb – also zum Beispiel am Telefon oder an der Rezeption – durften die Hotels günstigere Preise anbieten. Es war aber verboten, dafür im Internet zu werben.
Das Bundeskartellamt hatte Booking Ende 2015 auch diese «enge» Klausel für den deutschen Markt untersagt. Aber das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf kippte diese Verfügung 2019. Die Richter dort hielten die Klausel für notwendig: Ohne sie würden die Hotels die Breitenwirkung von Booking.com nur nutzen, um Interessenten von dort auf ihre Seite zu locken – und sich die Provision sparen.
Mit dem Urteil des BGH ist das Verbot nun wiederhergestellt. Faktisch ändert sich damit erst einmal nichts, denn Booking hatte auch nach der Düsseldorfer Entscheidung weiter auf die Klausel verzichtet, weil das Verfahren noch lief. Nun ist aber klar, dass sie nicht wiedereingeführt werden darf, auch nicht von anderen Portalen.
Die Richterinnen und Richter des Karlsruher Kartellsenats halten es zwar nicht für ausgeschlossen, dass es Nutzer gibt, die gern in der großen Auswahl auf Booking.com stöbern, das gewählte Hotel dann aber anderswo billiger buchen. Nach einer Marktstudie des Kartellamts machen sich aber erstaunlich wenige Verbraucher diese Mühe.
Für den Senat wiegt außerdem schwerer, dass die Klausel den unabhängigen Online-Vertrieb der Hotels erheblich behindere. «Das ist eine Wettbewerbsbeschränkung», sagte der Vorsitzende Richter Peter Meier-Beck bei der Urteilsverkündung. Gleichzeitig sind die Richter überzeugt, dass Booking auch ohne die Klausel auskommt. Das Unternehmen mit Sitz in Amsterdam habe seine Position als Marktführer in Deutschland in den vergangenen Jahr trotz Verbots ausgebaut.
Das Bundeskartellamt begrüßte die Entscheidung. Bestpreisklauseln könnten sich zum Nachteil der Anbieter auswirken und höhere Verbraucher-Preise bedeuten, sagte Präsident Andreas Mundt. «Der Bundesgerichtshof hat den Weg dafür geebnet, dass wir einen jeweils nach Branche und Marktposition der Plattform differenzierten kartellrechtlichen Blick auf solche Klauseln werfen können.»
Booking äußerte sich enttäuscht. Die Plattform übersetze die Inhalte der Partnerunterkünfte in viele Sprachen, investiere Millionen in Werbung und kümmere sich um den Kundenservice. «Im Gegenzug für diese Dienstleistungen halten wir es für fair, dass Hotels auf Booking.com mindestens den gleichen Preis wie auf ihrer eigenen Website angeben.»
Der Hotelverband Deutschland (IHA), der das Verfahren gegen Booking mit einer Anzeige angestoßen hatte, freute sich über den Ausgang. «Wir setzen darauf, dass Booking.com nun die Vorgaben des deutschen und europäischen Kartellrechts endlich respektiert, seinen Geschäftsbetrieb hieran rechtskonform ausrichtet und auch weitere Versuche der wettbewerblichen Knebelung oder Hintergehung seiner Hotelpartner aufgibt», sagte Hauptgeschäftsführer Markus Luthe.
Wegen der früher verwendeten «weiten» Bestpreisklauseln klagen rund 2000 Hotels bereits beim Berliner Landgericht gegen Booking und fordern Schadenersatz. Der IHA, der die Sammelklage unterstützt, war vor dem BGH-Urteil davon ausgegangen, dass eine Untersagung der «engen» Klausel den Schaden noch steigern könnte. Mit HRS hatte sich der Verband 2019 außergerichtlich auf eine Entschädigung in Höhe von 4 Millionen Euro an rund 600 Hotels geeinigt.
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