Hinter flimmernden Bildschirmen, bunten Figuren und zuckenden Fingern verbirgt sich viel Geld. Fast zehn Milliarden Euro gaben die Deutschen im vergangenen Jahr fürs Zocken aus, wie der Branchenverband Game kürzlich mitteilte. In der Vergangenheit ging nur ein kleiner Bruchteil davon an deutsche Unternehmen. Mit gerade mal rund 4,2 Prozent waren deutsche Spiele am Heimatmarkt beteiligt, verraten die letzten erhobenen Zahlen des Game-Verbands aus dem Jahr 2021.
Der Games-Markt legte in Deutschland nach Angaben des Verbands in der Vergangenheit kräftig zu, im Coronajahr 2020 um rund ein Drittel. Der Umsatz mit deutschen Entwicklungen wuchs zu der Zeit dagegen nur um gut 14 Prozent. «Wir laufen immer noch hinterher», stellt Jörg Müller-Lietzkow fest, Professor für Ökonomie und Digitalisierung an der HafenCity Universität in Hamburg.
Konkurrenzdruck ist groß
An internationale Großproduktionen wie «Fifa» oder «Call of Duty» und Entwicklungsbudgets von 100 Millionen Euro kommen deutsche Spiele derzeit regelmäßig nicht ran. Einer der größeren deutschen Publisher und Entwickler, Gameforge, investiert in der Regel zwischen 50.000 Euro und fünf Millionen Euro in seine Onlinespiele, wie Vorstandsmitglied Tom Burck sagt.
Das Unternehmen sitzt seit 20 Jahren in Karlsruhe. Auch wenn das Geschäft gut laufe, sieht Burck Deutschland als einen schwierigen Standort. «Wenn man es vergleicht mit der Situation in den USA oder Kanada, ist das ganze Ökosystem, was das Gaming angeht, doch ein ganz anderes», sagt Burck. Er meint damit, dass hierzulande kein Schwergewicht des Spielemarkts mit einem großen Pool an Fachkräften sitzt. Es fehle dadurch an qualifizierten Leuten. Burck muss oft Menschen aus dem Ausland einstellen. Die 300 Mitarbeitenden bei Gameforge kommen laut Burck aus 32 Nationen.
Deutschland fördert erst seit Kurzem
Damit ein Gaming-Standort attraktiv wird und sich ein lokales Ökosystem entwickelt, bedürfe es einer substanziellen Förderung – da sind sich Forscher Müller-Lietzkow, der Game-Verband und Tom Burck von Gameforge einig. Im weltweiten Vergleich ist Kanada seit 1997 der Staat mit der intensivsten Förderung von digitalen Spielen, wie eine Games-Studie der Hamburg Media School aus dem Jahr 2017 festhält. Demnach gab es allein in dem kanadischen Bundesstaat Québec Fördervolumina von 110 Millionen Euro.
In Deutschland gibt es eine bundesweite Förderung von Games erst seit 2019. Auf der Internetseite des zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums heißt es, dass die Computerspieleindustrie nicht nur sozialen Austausch ermögliche, sondern sich als relevanter Wirtschaftsfaktor etabliert habe. Sie treibe die Entwicklung von Technologien wie Simulation, dreidimensionale Darstellung und Virtuelle Realität an.
Die Förderung ist allerdings anders aufgebaut als Fördersysteme in Nordamerika. Während diese auf Steuerentlastungen setzen, gibt es hierzulande einen Fördertopf, aus dem Gelder an diejenigen vergeben werden, die formale Förderkriterien erfüllen. In diesem Jahr darf das Bundeswirtschaftsministerium 70 Millionen Euro verteilen. Darüber hinaus haben einzelne Bundesländer eigene Programme. Die höchsten Fördermittel gibt es in Nordrhein-Westfalen, Berlin und Brandenburg, Bayern und Baden-Württemberg, sie liegen im niedrigen einstelligen Millionenbereich.
Geld nach dem Gießkannen-Prinzip
«Ich glaube, wir fördern noch ein bisschen zu unspezifisch, vielleicht ein bisschen zu arg mit der Gießkanne», sagt Burck. Außerdem sei der Prozess fürchterlich bürokratisch. Gameforge bekam im vergangenen Jahr eine Unterstützung, aber hat sich wegen des hohen Aufwands aktuell für keine weiteren Förderungen beworben.
Dabei war Deutschland als Standort schon einmal sehr attraktiv, wie Ökonom Müller-Lietzkow berichtet. Vor allem Hamburger Unternehmen wie Bigpoint und Goodgame Studios veröffentlichten ab den späten Nullerjahren bis etwa 2013 viele erfolgreiche Browsergames, erzählt der Experte. Danach habe man jedoch den Trend hin zu Videospielen fürs Handy nicht gut genug gemeistert, sagt er weiter. Mittlerweile dominieren die sogenannten Mobile Games das Geschäft. Nach den aktuellen Zahlen des Game-Verbands machen sie mit 2,8 Milliarden Euro im Vergleich zu PCs und Laptops sowie Spielekonsolen den größten Anteil an den Games-Umsätzen aus.
Beschäftigtenzahl steigt an
Welche Auswirkungen die bundesweiten Fördermittel haben, werde nun in einer Studie erhoben, teilte der Game-Verband mit. In diesem Jahr erwarte die Branche daher neue Zahlen zum Anteil deutscher Unternehmen am heimischen Games-Markt. «Die ersten Effekte der Games-Förderung lassen sich bereits beobachten», teilt Geschäftsführer Felix Falk mit.
Die Anzahl der Beschäftigten sei in den vergangenen zwei Jahren um rund zwölf Prozent gestiegen. Gleichzeitig gebe es 26 Prozent mehr Unternehmen – Tendenz weiter steigend. Auch Gameforge-Vorstandsmitglied Burck hat den Eindruck, dass seit Einführung der bundesweiten Förderung viel im Aufbruch sei, was deutsche Produktionen angeht. Als Publisher bekomme Gameforge seiner Einschätzung nach mehr Spiele von deutschen Unternehmen angeboten.
«Viele weitere positive Effekte der noch recht jungen bundesweiten Games-Förderung sind zudem heute noch gar nicht sichtbar», betont Felix Falk wiederum. Schließlich dauere die Entwicklung der meisten Spiele mehrere Jahre.
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