Nach Netflix will auch Disney bei seinem Videostreaming-Dienst dem kostenlosen Teilen von Passwörtern über einen Haushalt hinaus ein Ende setzen. Allerdings gibt es eine Gnadenfrist: Konzernchef Bob Iger stellte das Vorgehen gegen Account-Trittbrettfahrer erst für kommendes Jahr in Aussicht. Zugleich wird die werbefreie Version des Streaming-Dienstes teurer.
In den USA wird Disney+ ohne Anzeigen mit 13,99 Dollar im Monat nun doppelt so viel kosten wie zum Start im November 2019. Seit es dort einen günstigeren Tarif mit Werbung gibt, entschieden sich rund 40 Prozent der Neukunden dafür, sagte Iger.
Im November soll die Version mit Anzeigen auch in «ausgewählten Märkten» in Europa für 5,99 Dollar pro Monat eingeführt werden, wie Disney am Mittwoch ankündigte. Der Preis aktueller Angebote soll dann steigen. Derzeit kostet Disney+ in Deutschland 8,99 Euro monatlich – und enthält auch Sendungen des Dienstes Hulu, für den in den USA extra bezahlt werden muss.
Netflix hatte seine Maßnahmen gegen Passwort-Trittbrettfahrer seit Anfang des Sommers auch in Deutschland umgesetzt. Nutzer, die außerhalb eines Abonnenten-Haushalts auf den Dienst zugreifen, werden aufgefordert, ein eigenes Abo abzuschließen. Zugleich können Abonnenten Zugänge für weitere Nutzer hinzukaufen. Nach Angaben des Streaming-Marktführers führt das Vorgehen trotz anfänglicher Unzufriedenheit zu höheren Abonnentenzahlen und Umsätzen. Netflix schätzte, dass zuvor rund 100 Millionen Nutzer auf den Dienst mit Passwörtern aus anderen Haushalten zugriffen.
Disney halbiert Streaming-Verluste
Disney und andere Streaming-Anbieter nehmen bisher hohe Verluste in Kauf, um dem Vorreiter Netflix Marktanteile abzujagen. Doch vor allem die großen Hollywood-Studios versuchen inzwischen, die Kosten in den Griff zu bekommen. So kündigte Iger bereits an, dass weniger Programm rund um «Star Wars» und «Marvel»-Comics produziert werde – und was gedreht wird, soll weniger kosten. Mit den Preiserhöhungen testet Disney zugleich, wie attraktiv und unverzichtbar seine Filme und Serien für die Nutzer sind.
Im vergangenen Quartal konnte Disney die Streaming-Verluste in etwa halbieren. Die Sparte verbuchte allerdings immer noch operativ rote Zahlen von 512 Millionen Dollar (466,5 Mio Euro). Den Warner-Studios gelang es derweil, den Betriebsverlust der Streaming-Sparte auf drei Millionen Dollar zu drücken – von 518 Millionen im Vorjahresquartal. Bei Paramount+ gab es ein Minus von 424 Millionen Dollar nach 445 Millionen ein Jahr zuvor.
Disney hat zusätzlich das Problem, dass das lange Zeit lukrative Kabel-TV-Geschäft in den USA schrumpft – und damit auch der Puffer, um sich weitere Streaming-Verluste zu leisten. Im vergangenen Quartal sanken die Erlöse aus dem klassischen Fernsehen um sieben Prozent auf 6,7 Milliarden Dollar. Das operative Ergebnis fiel um 23 Prozent auf 1,9 Milliarden Dollar.
Viele US-Haushalte geben ihre Kabel-TV-Abos auf und wechseln zum Streaming. Iger schloss bereits nicht aus, dass Disney sich von dem TV-Geschäft mit Sendern wie ABC trennen könnte. Auch jetzt sagte er, dass er die Zukunft von Disney vor allem in drei Bereichen sehe: Filme, Freizeitparks, Streaming.
Guter Umsatz durch Freizeitparks und Kreuzfahrt-Reederei
Der Streaming-Umsatz legte derweil um neun Prozent auf 5,5 Milliarden Dollar zu. Die Abonnentenzahl von Disney+ erhöhte sich binnen drei Monaten von 104,9 auf 105,7 Millionen. In Indien fiel die Kundenzahl um rund ein Viertel auf gut 40 Millionen – Disney hatte die Streaming-Rechte der Cricket-Liga verloren. Allerdings nimmt der Konzern dort nur monatlich nur 0,59 Dollar pro Kunde ein.
Die Freizeitparks und Kreuzfahrt-Reederei machten Disney in dem Quartal unterdessen weiter Freude: Der Umsatz stieg um 13 Prozent auf 8,3 Milliarden Dollar und das operative Ergebnis um elf Prozent auf 2,4 Milliarden.
Für den gesamten Konzern bedeutete die Entwicklung ein Umsatzplus von vier Prozent auf 22,3 Milliarden Dollar. Unterm Strich gab es einen Verlust von 460 Millionen Dollar nach schwarzen Zahlen von 1,4 Milliarden Dollar ein Jahr zuvor.
Ein Auslöser dafür war auch eine Abschreibung von 2,4 Milliarden Dollar auf Video-Inhalte. Grund ist, dass Disney als Sparmaßnahme Dutzende weniger populärer Filme und Serien von Disney+ entfernte.
Die Studios konkurrieren beim Streaming nicht nur mit Netflix, sondern auch mit den Tech-Giganten Apple und Amazon, die problemlos Milliardenkosten für ihre Dienste schultern können. Angesichts der Schwierigkeiten von Disney griff der «Hollywood Reporter» am Mittwoch die Idee auf, der Unterhaltungsriese könnte von Apple gekauft werden. Darauf nach Vorlage der Quartalszahlen angesprochen, sagte Iger, er wolle nicht darüber spekulieren.
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