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Dürfen Firmen Konkurrenz wegen Datenschutz verklagen?

Blick in das automatisierte Medikamentenlager einer Apotheke. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa)
Es geht um heikle Daten zur Gesundheit: Dürfen nur Verbraucher vor Gericht ziehen, wenn sie einen zu laxen Umgang fürchten - oder auch ein Konkurrent? Die Zivilrichter am BGH haben sich das angeschaut.

Ob Konkurrenten wegen möglicher Datenschutzverstöße von Unternehmen vor Gericht ziehen dürfen, muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) klären. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe setzte am Donnerstag zwei Verfahren aus, um den Sachverhalt in Luxemburg prüfen zu lassen. Dabei geht es vor allem darum, ob die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nationalen Regelungen entgegensteht, die Mitbewerbern ein solches Klagerecht bei angenommenen Datenschutzverstößen einräumen. (Az. I ZR 222/19 u.a.)

Die Frage sei besonders interessant, weil gerade Unternehmen Rechte mit Nachdruck verfolgten, sagte der Vorsitzende Richter des ersten Zivilsenats, Thomas Koch. Ist ein Mensch konkret betroffen, kann er ohnehin klagen. Ob auch Verbraucherschutzverbände ohne einen direkt Betroffenen ein allgemeines Klagerecht haben, wird in einem separaten Verfahren am BGH geklärt – auch hierzu läuft eine Anfrage beim EuGH.

In den konkreten Fällen, um die es nun ging, klagt ein Apotheker gegen zwei Mitbewerber, die Produkte über die Internetplattform Amazon vertreiben. Dabei werden aus seiner Sicht Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO erhoben, die Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand einer Person zulassen. Das dürfe nicht ohne ausdrückliche Einwilligung geschehen. Die Konkurrenz sieht das anders. Das Oberlandesgericht Naumburg hatte aber dem Kläger Recht gegeben.

Um welche Art von Arten handelt es sich speziell?

Der BGH will auf Grund dieser speziellen Thematik zudem vom EuGH wissen, ob es sich bei den im Bestellvorgang erhobenen Details wie Lieferadresse und Art der apothekenpflichtigen – nicht aber verschreibungspflichtigen – Medikamente um Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO handelt. Nicht zwingend müsse der Besteller der Präparate auch der Patient oder Konsument sein, machte Richter Koch deutlich.

Auch der BGH-Anwalt der Beklagten, Thomas Winter, hatte bei der mündlichen Verhandlung im September gesagt, dass man durch eine Bestellung über den Amazon Marketplace gerade keine Rückschlüsse auf den eigentlichen Patienten ziehen könne. Genauso gut könne jemand für seine Kinder Nasenspray bestellen. Der Vertrag werde direkt mit dem Apotheker abgeschlossen, nur er habe Zugriff auf die Produkte.

Hingegen argumentierte Kläger-Vertreter Peter Rädler, auch Amazon habe Zugriff auf diese Daten – dort arbeite allerdings kein pharmazeutisches Personal. Außerdem greife der Apotheker nicht wie im Verkaufsraum ein, wenn Menschen zum Beispiel über ein Produkt falsche Dinge behaupten – wie es etwa in Kundenrezensionen geschehen könne.

In Bezug auf Verbraucherschützer hatte der BGH seinerzeit einen ähnlichen Fall verhandelt, in dem der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen den Internetkonzern Facebook vorgeht. Hier verkündete der Senat im November, noch einmal wegen Detailfragen den EuGH in Luxemburg einzubeziehen. (Az. I ZR 186/17)

Beim ersten Mal hatte der BGH in dem Fall den EuGH um Rat gefragt, ob eine Klagebefugnis des Verbandes gegen die DSGVO verstoße. Die Richter in Luxemburg entschieden im April, nach nationalem Recht berechtigte Verbände könnten bei Datenschutzverstößen von Internet-Riesen anstelle der Nutzer vor Gericht ziehen – auch ohne konkreten Auftrag Betroffener. Zur Frage, ob auch Mitbewerber eines Unternehmens klageberechtigt sind, äußerte sich der EuGH nicht.