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EU-Kommissionsvize droht Twitter mit Sanktionen

«Für 'Journalisten' gelten die gleichen Doxing-Regeln wie für alle anderen»: Elon Musk. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Adrien Fillon/ZUMA/dpa)
Elon Musk sorgt weiter für Schlagzeilen. Er hat prominente Journalisten auf Twitter sperren lassen, weil sie über ihn berichtet hatten. Nun schaltet sich auch die EU ein und droht.

Nach der Twitter-Sperrung mehrerer US-Journalisten hat EU-Kommissionsvize Vera Jourova dem Unternehmen von Elon Musk langfristig mit Sanktionen gedroht.

«Die Nachrichten über die willkürliche Suspendierung von Journalisten auf Twitter sind besorgniserregend», schrieb die Tschechin in dem Kurznachrichtendienst. Sie verwies unter anderem darauf, dass das EU-Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA), dessen Vorgaben ab Mitte Februar 2024 in der gesamten EU gelten, die Achtung der Medienfreiheit und der Grundrechte verlange. «Es gibt rote Linien. Und bald Sanktionen.»

Auch die Bundesregierung kritisiert die Sperrung. Man nehme mit wachsender Sorge zur Kenntnis, was sich auf Twitter tue, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin. «Wir beobachten das sehr genau und stellen uns die Frage, welche Konsequenzen wir daraus ziehen könnten». Entscheidungen seien aber keine getroffen. Bundesregierung, Ministerien und Politiker nutzen Twitter bisher als Plattform für ihre Öffentlichkeitsarbeit.

Das Auswärtige Amt twitterte: «Pressefreiheit darf nicht nach Belieben ein- und ausgeschaltet werden.» Der Beitrag verwies auf verschiedene gesperrte Journalisten-Accounts. Diese könnten nun auch dem Auswärtigen Amt nicht mehr folgen, nicht mehr kommentieren und kritisieren. «Damit haben wir ein Problem @Twitter», hieß es weiter.

Sperrungen erfolgten ohne Vorwarnung

Twitter hat US-Medienberichten zufolge die Konten von mindestens sechs prominenten Journalisten gesperrt. Betroffen seien unter anderem Mitarbeiter der «New York Times», der «Washington Post» und des Senders CNN. Die Sperrungen erfolgten ohne Vorwarnung, schrieb etwa die «Washington Post».

Erst am Vortag hatte Twitter einen Account gesperrt, der den Privatjet von Konzernchef Elon Musk verfolgte. Einige der nun suspendierten Journalisten haben den Berichten zufolge darüber geschrieben sowie über Musks Äußerung, er und seine Familie seien durch die Weitergabe von Standortdaten gefährdet worden. Vor ihrer Sperrung hatten viele der Journalisten Zehntausende Follower auf der Plattform, schrieb die «New York Times».

Auf Bitten um eine direkte Stellungnahme habe Twitter zunächst nicht reagiert, berichteten mehrere US-Medien. In mehreren Tweets in der Nacht schrieb Musk allerdings, für Journalisten gälten dieselben Regeln, wie für alle anderen auch. Er bezog sich dabei auf «Doxxing», nämlich die Weitergabe von persönlichen Dokumenten einer Person, einschließlich Informationen wie ihrer Adresse. «Sie haben meinen exakten Echtzeit-Standort gepostet, im Grunde die Koordinaten für ein Attentat», schrieb Musk, ohne Details oder Beweise zu nennen. Musk sprach von einem Verstoß gegen die Twitter-Nutzungsbedingungen. Unklar war zunächst, ob die Konten dauerhaft gesperrt wurden.

«Sperrung der Twitter-Konten fragwürdig und bedauerlich»

«Die heutige Sperrung der Twitter-Konten einer Reihe prominenter Journalisten, darunter Ryan Mac von der «New York Times», ist fragwürdig und bedauerlich», sagte der Sprecher der Zeitung, Charlie Stadtlander, am Donnerstagabend. Twitter habe keine Erklärung für den Schritt gegeben. Man hoffe, dass die Sperrungen zurückgenommen würden. «Die impulsive und ungerechtfertigte Sperrung einer Reihe von Reportern, darunter Donie O’Sullivan von CNN, ist besorgniserregend, aber nicht überraschend», schrieb CNN.

Das Twitter-Konto, das Musks Privatjet verfolgte, war vom Studenten Jack Sweeney angelegt worden, der dazu mit Hilfe eines automatisierten Computerbots öffentlich zugängliche Flugdaten auswertete. Musk hatte in einem Tweet am Mittwochabend erklärt, dass der deaktivierte Bot-Account gegen die Nutzerrichtlinien der Internetplattform verstoßen habe. Dabei hatte der Twitter-Chef im November noch verkündet, er sehe sich der Redefreiheit so sehr verpflichtet, dass er das Konto erlaube, obwohl es ein Risiko für seine Sicherheit darstelle.