Nach dem Urteil des obersten EU-Gerichts zur deutschen Vorratsdatenspeicherung fühlen sich FDP und Grüne in ihrer Position bestätigt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte am Dienstag, dass die derzeit ausgesetzte Regelung zur Vorratsdatenspeicherung mit dem EU-Recht unvereinbar ist (C-793/19 und C-794/19). Justizminister Marco Buschmann (FDP) bezeichnete die Entscheidung als historisch und sprach von einem «guten Tag für die Bürgerrechte».
«Wir werden die anlasslose Vorratsdatenspeicherung nun zügig und endgültig aus dem Gesetz streichen», twitterte er nach der Urteilsverkündung. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs sei «eine erneute herbe Klatsche» für die Befürworter der anlasslosen Speicherung von Daten, denen es bis heute nicht gelungen sei, eine verfassungskonforme Regelung vorzulegen, hieß es von der Grünen-Bundestagsfraktion. Anstatt über immer neue Eingriffsbefugnisse zu diskutieren, müsse jetzt endlich eine «Überwachungsgesamtrechnung» auf den Weg gebracht werden.
Ob sich die gesamte Ampel dabei so einig ist, bleibt abzuwarten. SPD-Innenministerin Nancy Faeser zeigte sich zuletzt offen für stärkere Befugnisse der Sicherheitsbehörden.
Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), forderte die Bundesregierung auf, jetzt zügig einen Gesetzentwurf vorzulegen. «Das Urteil lässt eine befristete Pflicht zur Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch zu», sagte die Rechtspolitikerin.
EuGH bleibt seiner Linie treu
Das oberste EU-Gericht hatte am Dienstag entschieden, dass die Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger nicht ohne Anlass gespeichert werden dürften. Eine gezielte und zeitlich begrenzte Speicherung der Daten sei nur bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit möglich. Zur Bekämpfung schwerer Kriminalität könne auch eine Vorratsspeicherung der IP-Adressen möglich sein.
Die deutsche Regelung kann nach Ansicht der Richter sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben der Personen ermöglichen – etwa auf Gewohnheiten des täglichen Lebens oder das soziale Umfeld. Damit könne ein Profil dieser Personen erstellt werden. Dies sei ein Grundrechtseingriff, der eine gesonderte Rechtfertigung erfordere, so die Richter. Der EuGH bleibt damit seiner Linie treu. Das höchste EU-Gericht hatte in den vergangenen Jahren immer wieder nationale Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung gekippt oder stark eingeschränkt.
Kläger zufrieden mit Urteil
Die SpaceNet AG, die die Klage angestrengt hatte, begrüßte das Urteil: «Nach sechs Jahren Verfahren sind wir froh, dass das Thema Vorratsdatenspeicherung endlich geklärt ist. Jetzt herrscht wieder Rechtssicherheit für die Internetbranche, unsere Kunden und alle Bürger», sagte der Vorstand der SpaceNet AG, Sebastian von Bomhard.
Auch der Digitalverband Bitkom zeigte sich erfreut: «Es macht keinen Sinn, sich weiterhin an diesem Instrument der anlasslosen Speicherung von Verbindungsdaten abzuarbeiten. Die Politik ist aufgefordert, andere, und zwar gesetzeskonforme Möglichkeiten der digitalen Forensik zu nutzen», teilte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder mit.
Bei den Beratungen der Ampel-Regierung über eine Nachfolgeregelung zur Vorratsdatenspeicherung müssten zwei Dinge berücksichtigt werden, forderte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke: In welchem Umfang Daten an die Ermittlungsbehörden übergeben würden, dürfe nicht im Ermessen der Telekommunikationsanbieter liegen. Außerdem schränke eine kurze Speicherdauer den Nutzen drastisch ein. Er sagte: «Eine rechtskonforme und im polizeilichen Alltag funktionierende Speicherung von Verkehrsdaten ist gleichsam praktizierter Opferschutz und optimierte Strafverfolgung.»
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