Das Online-Duell der Tech-Milliardäre läuft heiß: Mark Zuckerbergs Facebook-Konzern Meta greift das geschwächte Twitter von Elon Musk frontal an. Metas Twitter-Kopie mit dem Namen Threads kam schon in den ersten sieben Stunden auf zehn Millionen Nutzer, wie Zuckerberg am Donnerstag verkündete. Die App startete in den USA und mehr als 100 weiteren Ländern – aber nicht in der Europäischen Union. Meta verwies auf offene Fragen bei der Regulierung und machte klar, dass Europäer mit einer langen Wartezeit rechnen müssen.
Threads ist an Metas Foto- und Video-App Instagram angebunden und gilt als bisher größte Bedrohung für Twitter. Der Grund ist ein Startvorteil: Meta kann für seine Twitter-Kopie von Anfang an auf bereits bestehende Verbindungen zwischen mehr als einer Milliarde Instagram-Nutzern zurückgreifen. Bei anderen Twitter-Konkurrenten wie Bluesky und T2 müssen solche Verknüpfungen erst neu entstehen.
Instagram-Chef Adam Mosseri deutete in Interviews an, dass in der EU vor allem das in den nächsten Jahren greifende neue Regelwerk mit dem Digital Markets Act und dem Digital Services Act eine Hürde gewesen sei. Die Gesetze legen strikte Anforderungen an Online-Plattformen fest. Mosseri verteidigte im Blog «Platformer» die Entscheidung, ohne Nutzer in Deutschland und anderen EU-Ländern zu starten. Man habe vor der Wahl gestanden, sie außen vor zu lassen oder «den Start um viele, viele, viele Monate zu verzögern», sagte er. «Und ich war besorgt, dass sich das Fenster für uns schließt.»
Der Start von Threads kommt in einem Moment besonderer Schwäche für das seit der Übernahme durch Musk kriselnde Twitter. So verärgerte der Kurznachrichtendienst Nutzer am Wochenende mit einer drastischen Einschränkung für die Zahl der Tweets, die sie pro Tag kostenlos sehen können. Nach der Markteinführung von Threads zeigte sich Musk trotzig: Es sei unendlich besser, auf Twitter von Fremden angegriffen zu werden als sich in die «falsche Glückseligkeit» von Instagram zu begeben. Der für seine rechten Ansichten bekannte Musk hatte nach der Übernahme die Maßnahmen gegen Beleidigungen und Falschinformationen gelockert.
Wie funktioniert Threads?
Die Meta-App sieht ziemlich genau wie Twitter aus. Man kann anderen Nutzern folgen und Beiträge an die eigenen Follower weiterleiten. Instagram-Nutzer können für Threads einfach ihr Profil bei der Foto-App übernehmen. Text-Beiträge bei Threads können bis zu 500 Zeichen lang sein und Links, Fotos sowie bis zu fünf Minuten lange Videos enthalten. Beim 2006 gestarteten Twitter lag die Text-Grenze ursprünglich bei 140 Zeichen und wurde später auf 280 Zeichen verdoppelt.
Gibt es auch Unterschiede zu Twitter?
Neben den Accounts, denen sie folgen, bekommen Nutzer von Threads auch «empfohlene Inhalte» von weiteren Profilen in ihren Feed eingespielt. Die Beiträge werde dabei nicht in chronologischer Reihenfolge angezeigt, sondern von der Software geordnet. Zunächst gibt es keine Möglichkeit, sich nur Inhalte aus den Profilen anzeigen zu lassen, denen man folgt. Dies stehe aber für die Zukunft «auf der Liste», versicherte Instagram-Chef Mosseri.
Wie sieht es mit der Privatsphäre aus?
Threads behält sich vor, eine breite Palette von personenbezogenen Daten zu erfassen. Dazu können unter anderem Ortungsdaten, Kontakte und Gesundheitsinformationen gehören. Was einige Nutzer überraschte: Ein Threads-Profil kann nur zusammen mit dem Instagram-Account gelöscht werden.
Bekommen Nutzer in EU-Ländern gar nichts von Threads mit?
Bis zur Threads-Einführung in der EU können Nutzer aus der Region Beiträge zwar in einer Web-Ansicht betrachten, sie aber weder teilen noch liken.
Musk kaufte Twitter für rund 44 Milliarden Dollar – und räumte später ein, dass die Bewertung in Gesprächen mit Investoren inzwischen deutlich niedriger sei. Zuckerberg zeigte sich am Donnerstag hoffnungsvoll, dass Threads mit der Zeit mehr als eine Milliarde Nutzer haben könne. Von Twitter gab es seit der Übernahme durch Musk keine Nutzerzahlen mehr, früher kam der Kurznachrichtendienst auf mehr als 300 Millionen Nutzer. Meta hat anders als Twitter in der Ära Musk keine Geldsorgen und kann sich bei Threads einen langen Atem leisten.
Musk und Zuckerberg treten immer mehr als Rivalen auf. Im Juni erklärten sich die beiden Tech-Milliardäre sogar zu einem Schaukampf bereit. Zunächst gab es Zweifel daran, doch zuletzt berichtete die «New York Times», ein solcher Kampf werde tatsächlich vorbereitet – auch wenn weiterhin offen sei, ob er auch wirklich stattfinden werde. Der 39-jährige Zuckerberg trainiert mit Kampfsport-Trainern und ist sichtlich fitter als der 52-jährige Musk.
Der Facebook-Konzern kopierte immer wieder Dienste und Funktionen von Rivalen, blickt dabei aber auf eine gemischte Bilanz. Mit dem bei der Foto-App Snap erfundenen Stories-Format, in dem Nutzer ihren Freunden Bilder und Videos für einen Tag zeigen können, funktionierte das hervorragend. Auch die «Reels» genannten Kurzvideos, mit denen Instagram und Facebook die populäre App Tiktok kopieren, legen zu. Dagegen gelang es dem Konzern trotz mehrerer Versuche nie, einen Konkurrenten zu Snapchats selbstlöschenden Videos zu etablieren.
Laut Medienberichten soll Zuckerberg vor mehr als einem Jahrzehnt auch versucht haben, Twitter zu kaufen. Er sei aber von den Gründern abgewiesen worden.
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