Wo man auch im Internet unterwegs ist, springt einem auf die ein oder andere Weise dieselbe Frage entgegen: «Wollen Sie die Nutzung von Cookies erlauben?» Die Datensätze, die Browser auf den Rechnern und Smartphones ihrer Nutzer speichern, sind eine wesentliche Säule für personalisierte Online-Werbung. Doch der Druck auf die Browseranbieter wächst.
Angesichts staatlicher Vorschriften und einem wachsenden Bewusstsein der Nutzer für ihre Datensicherheit sehen viele eine sogenannte «Cookieless Future» bevor. Nach dem Vorgehen von Apple und Firefox-Entwickler Mozilla gegen Cookies von Drittanbietern, will auch Google sie noch in diesem Jahr bei seinem Webbrowser Chrome herausdrängen.
Einen ersten Schritt machte das Unternehmen bereits zu Jahresbeginn. Seit dem 4. Januar ist bei etwa einem Prozent der Nutzerinnen und Nutzer des Chrome-Browsers der Zugriff von Webseiten auf die Drittanbieter-Cookies standardmäßig beschränkt, wie das Unternehmen mitteilte. Die Teilnehmenden der Testphase wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. In der zweiten Jahreshälfte sollen diese Cookies dann ganz abgeschafft werden – «vorausgesetzt, mögliche verbleibende Bedenken der britischen Wettbewerbsbehörde sind bis dahin ausgeräumt», teilt Google online mit. Die Cookie-Banner, die beim Öffnen einer Seite aufploppen, bleiben aber vorerst bestehen.
Was sich bei Google dieses Jahr ändert
Cookies sind kleine Dateien, die ein Browser auf dem Onlinegerät eines Nutzers speichert. Weil diese Dateien oft eindeutige Kennungen enthalten, können Webseiten ihre Besucher damit wiedererkennen. Ein Browser kann sich somit beispielsweise ein Login merken, oder die Inhalte eines virtuellen Warenkorbs. Vor allem machen Cookies aber personalisierte Werbung möglich. Umstritten sind vor allem sogenannte Third-Party-Cookies, die nicht von der besuchten Webseite selbst gesetzt werden, sondern durch eingebettete Inhalte von anderen Seiten. Durch sie können Werbedienstleister die Nutzer über mehrere Seiten hinweg verfolgen und dabei zu Werbezwecken Profile anlegen.
Durch die Drittanbieter-Cookies seien Nutzer «sehr granular über verschiedene Webseiten hinweg von Drittanbietern trackbar», sagt Lidia Schneck, Partner-Managerin bei Google. Mit der sogenannten Privacy Sandbox solle dies zukünftig so limitiert werden, dass Werbeanbieter nur noch sehr eingeschränkt bestimmte Informationen über die Interessen der Nutzer erhalten, «um eine Identifizierung oder Wiedererkennung eines Benutzers zu verhindern.» Dafür habe man gemeinsam mit der Branche verschiedene Anwendungen entwickelt. Das individuelle Surfverhalten von Nutzern über verschiedene Webseiten hinweg sollen Drittanbieter ab Ende des Jahres so nicht mehr verfolgen können.
Stattdessen werden die Websites, die ein Nutzer besucht, dann zum Beispiel mit übergeordneten Werbethemen, sogenannten Topics, gekennzeichnet – also mit Kategorien wie «Sport», «Reisen» oder «Haustiere». Der Browser erfasst die häufigsten Topics eines Nutzers, speichert sie lokal auf dem Endgerät und teilt bei Bedarf maximal drei Werbethemen für die vergangenen drei Wochen mit den Werbeanbietern. So soll für den Nutzer relevante Werbung angezeigt werden, ohne, dass die Werbetreibenden wissen, welche spezifischen Webseiten besucht wurden. In den Chrome-Einstellungen können die Nutzer sehen, welche Werbethemen ihnen zugeordnet wurden und gegebenenfalls Änderungen vornehmen.
Scharfe Kritik aus der Werbebranche
Die Werbebranche kritisiert die vorgesehene Abschaffung der Drittanbieter-Cookies. Dadurch werde nicht der Datenschutz gestärkt, sondern die Vormachtstellung Googles im Werbeträgermarkt, sagt der Geschäftsführer des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), Bernd Nauen. «Am langen Ende hätten die Verbraucher den Nachteil. Was es nicht bedeutet: weniger Tracking durch Google, weniger Daten bei Google», sagt Nauen. Denn Googles Datenreichtum basiere vor allem auf First-Party-Daten, die Google etwa durch den Log-In der Nutzer, eigene First-Party-Cookies oder bei einer Suchanfrage für sich erhebt.
Außerhalb von Google-Diensten und wenigen weiteren «Megaplattformen» könne den Nutzern durch eine Abschaffung der Cookies Werbung, die auf ihren vermuteten Interessen basiert, dann nur noch sehr eingeschränkt angezeigt werden, sagt Nauen. «Der Weg zurück zu Spam, Pop-Ups und überbordender Banner-Werbung zu Themen, die mich eher abschrecken als interessieren, kann sicher nicht die Lösung sein.»
Den Spielraum der Werbebranche dürften nach Ansicht des ZAW nicht einzelne marktdominante Plattformen beschränken. Eine solche Entscheidung müsse beim Gesetzgeber liegen, der zudem Gesetze erlassen habe, um Regeln zu verhindern, die solche Plattformen zu Lasten des Wettbewerbs aufstellen. Die Wettbewerbsbehörden seien daher mehr denn je gefordert.
Verbraucherschützer sind skeptisch
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) sieht «Tracking und Profilbildung für Werbezwecke generell kritisch», sagt Referent Florian Glatzner. Die Problematik beschränke sich nicht auf eine Technologie, wie etwa die Drittanbieter-Cookies. So sei Werbung teils gezielt auf die Schwächen der Verbraucherinnen und Verbraucher zugeschnitten. «Dies gefährdet den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre, ermöglicht Manipulation und begünstigt Diskriminierung.»
Zudem sei für Verbraucher oft nicht absehbar, welche Reichweite und Folgen ihre Einwilligung habe. «Dafür sind der Online-Werbemarkt und die dahinter liegenden Technologien (wie auch die Privacy-Sandbox) zu komplex, zu intransparent und zu wenig kontrollierbar», erklärt Glatzner. Nach Ansicht des vzbv solle das Tracking und die Profilbildung zu Werbezwecken daher insgesamt untersagt werden.
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