Die Türkei hat die Internetseiten-Angebote der Deutschen Welle (DW) nach monatelangen Drohungen gesperrt. Die Angebote seien seit Donnerstagabend in allen 32 Sendesprachen blockiert, teilte der deutsche Auslandssender am Freitag in Bonn mit.
Die türkische Rundfunk-Aufsichtsbehörde RTÜK begründete dies damit, dass die Deutsche Welle nicht die erforderliche Zulassung habe. Betroffen ist auch der US-Auslandssender Voice of America. Die sozialen Netzwerke der Sender wie Twitter sind nicht betroffen. Die Deutsche Welle kündigte an, juristisch gegen die Sperre vorzugehen.
Die Kontrollbehörde hatte von ausländischen Sendern schon vor Monaten verlangt, eine Lizenz für Internetseiten-Angebote zu beantragen. Die DW ging nach eigenen Angaben darauf nicht ein, «weil eine Lizenzierung die Zensur von redaktionellen Inhalten durch die türkische Regierung ermöglicht hätte». Intendant Peter Limbourg sagte, beispielsweise seien lizenzierte Medien zur Löschung von Online-Inhalten verpflichtet, die die RTÜK für unangemessen erachte. «Das ist für einen unabhängigen Medienanbieter schlicht inakzeptabel.»
Weitreichende Kontrolle 2019 eingeführt
Die Rundfunkbehörde verteidigte die Sperrung als vereinbar mit türkischem Recht. Sobald eine Lizenz beantragt werde, könne ein Gericht die Blockade auch wieder aufheben. Dabei stützt sich die islamisch-konservative Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan auf eine seit 2019 geltende Regelung. Damit wurde eine weitreichende Kontrolle von Internet-Plattformen eingeführt, die Filme, Videos oder Radioinhalte verbreiten.
Türkische Medien stehen zum Großteil unter direkter oder indirekter Kontrolle der Regierung. Auch Inhalte im Internet unterliegen starker Regulierung. Im Parlament wird zurzeit ein Gesetzesentwurf diskutiert, der die Verbreitung von angeblichen Falschinformationen unter Strafe stellen soll.
Die Deutsche Welle zeichne sich seit Jahren durch unabhängige journalistische Berichterstattung über «die permanenten Einschränkungen der Demokratie in der Türkei» aus, sagte der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, der Deutschen Presse Agentur. Dies solle nun knapp ein Jahr vor Präsidentschafts- und Parlamentswahlen offenbar unterdrückt werden. Die Wahlen in der Türkei stehen regulär im Juni 2023 an. Erdogan hofft auf eine Wiederwahl.
Auch der Vorsitzende des Deutschen-Journalistenverbands DJV, Frank Überall, wertete den Schritt als politisch motiviert. «Die Sperre der Deutschen Welle ist durch nichts anderes zu rechtfertigen als durch pure Willkür der Erdogan-Autokratie.»
Bundesregierung bedauert Sperre
Die Bundesregierung bedauerte die Sperrung der Webseiten der Deutschen Welle (DW) und des US-Auslandssenders Voice of America (VOA) in der Türkei. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte in Berlin, die Bundesregierung habe die Meldung über die Sperrung «mit Bedauern zur Kenntnis genommen». Es obliege der DW als unabhängigem Sender, welche Konsequenzen sie daraus ziehe.
Der Regierungssprecher sagte weiter: «Unsere Sorge um die Lage der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei besteht fort.» Die deutsche Medienstaatsministerin Claudia Roth teilte der Deutschen Presse-Agentur mit: «Das ist eine schlechte Nachricht für die ohnehin schon eingeschränkte Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei. Es bereitet mir wirklich große Sorgen und ich beobachte genau, dass der Zugang zu Informationen und die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten immer weiter beschnitten wird.»
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