Um Funklöcher zu schließen, arbeiten die drei deutschen Mobilfunk-Netzbetreiber künftig stärker zusammen.
Wie die Firmen am Dienstag mitteilten, unterzeichnete Telefónica (O2) mit der Deutschen Telekom sowie mit Vodafone jeweils eine Absichtserklärung für die Schließung von insgesamt 2400 «Grauen Flecken» auf der Landkarte im Laufe dieses Jahres.
Hierbei geht es um Gebiete, in denen 4G (LTE) nicht in allen drei Mobilfunknetzen zu empfangen ist und viele Verbraucher im Funkloch stecken.
Telefónica-Deutschlandchef Markus Haas erklärte, dass für schnelle Fortschritte in der Mobilfunkversorgung «eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Beteiligten erforderlich» sei. «Die kooperative Mitnutzung von Standorten ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg und ein gutes Signal an Deutschlands Mobilfunkkunden.» Die Deutschlandchefs der Telekom, Srini Gopalan, und von Vodafone, Hannes Ametsreiter, sahen es ähnlich.
Bei «Weißen Flecken», wo noch gar kein Netz zu empfangen ist, wollen die drei Konzerne ebenfalls an einem Strang ziehen und insgesamt 6000 Standorte bauen, dieses Vorhaben verkündeten sie 2019. Zum Vergleich: Laut Bundesnetzagentur gibt es in Deutschland 81 000 Mobilfunkstandorte (Stand: Ende 2019).
Die «grauen» Standorte liegen in dünn besiedelten Gegenden – dort ist ein wirtschaftlicher Betrieb der Antennen schwierig. Durch die gemeinsame Nutzung der Antennen sind die Kosten für die Netzbetreiber niedriger als bei einem Alleingang. Die Firmen bringen sich zu gleichen Teilen in die Partnerschaften ein. «Wir bringen genauso viel mit zur Party wie jeweils unsere Wettbewerber», sagte O2-Manager Haas. «Wir geben einen [Standort] und bekommen einen.»
Sein Münchner Unternehmen ist spät dran, denn die beiden Konkurrenten aus Bonn und Düsseldorf verkündeten schon Anfang 2020 eine ähnliche, aber umfangreichere Kooperation. Sie beschlossen, jeweils etwa 2000 Standorte für den Wettbewerber zu öffnen, es geht insgesamt also um 4000. Allerdings haben die beiden Firmen Vorgaben aus der Kooperation noch nicht umgesetzt, das wollen sie bis zum Frühjahr tun.
Dass die Telekom und Vodafone noch keine Fakten geschaffen haben, liegt am Bundeskartellamt. Deutschlands oberste Wettbewerbshüter ließen im vergangenen Jahr ihre Bedenken erkennen, als Vertreter der beiden Firmen bei ihnen anklopften und ihr Vorhaben auf den Tisch legten. «Eine Kooperation von Deutscher Telekom und Vodafone ohne Beteiligung von Telefónica wäre aus unserer Sicht wettbewerblich problematisch», erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt am Dienstag.
Wäre das Münchner Unternehmen außen vor geblieben und hätte es keine eigenen Funklöcher in Zusammenarbeit mit der Konkurrenz schließen können, wäre der Nachteil aus Sicht des Kartellamts so stark, dass es im Wettbewerb «praktisch uneinholbar» in Rückstand geraten würde. Dann würde sich nach Lesart des Kartellamts der Wettbewerb abschwächen und das wäre schlecht für den Verbraucher. «Daher haben wir auf die Erweiterung der Kooperation auf Telefónica gedrungen», erklärte Mundt. Damit sei den Mobilfunkkunden in Deutschland am besten geholfen, findet der Behördenchef. Die Kooperationen von Telefónica seien ein richtiger Schritt.
Eine weitere Bonner Behörde wertete die Entwicklung am Mobilfunkmarkt ebenfalls positiv. «Kooperationen der Betreiber können wesentlich zu einer besseren Mobilfunkversorgung in Deutschland beitragen», sagte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. «Wir begrüßen, dass nun drei Unternehmen jeweils in Verhandlungen stehen.» Bisher handelt es sich nur um Absichtserklärungen, also um eine grundsätzliche Einigung. Es gilt aber als sicher, dass in einem nächsten Schritt Verträge unterschrieben werden.
Daumen rauf zum Thema Graue-Flecken-Schließung signalisieren auch Branchenexperten. «Es ist gut, dass die Firmen das unter sich regeln und der Staat nicht mit einer Zwangsanordnung einschreiten muss», sagte der Telekommunikationsprofessor Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen. Die Firmen verlören zwar in manchen Regionen, wo sie bisher stärker sind als die Wettbewerber, ein Alleinstellungsmerkmal. Dafür könnten sie aber Kosten für neue Sendeanlagen vermeiden, weil sie in anderen Gegenden auf die Antennen der Konkurrenz kommen – betriebswirtschaftlich lohne sich das oft bei Standorten auf dem Land, so Gerpott. Auch für den Verbraucher böte so eine Zusammenarbeit viele Vorteile.
Nicht leichter wird es aus Sicht von Gerpott allerdings für den Wettbewerber 1&1 Drillisch, der sich 2019 erstmals Frequenzspektrum in einer Auktion gesichert hat und ein eigenes Mobilfunknetz aufbauen will. Allerdings sind die Gespräche der Firma mit der Konkurrenz, um in einer Übergangszeit auf deren Netze zu kommen, ins Stocken geraten. «Da die alteingesessenen drei Netzbetreiber nun den Schulterschluss üben, wird es für 1&1 Drillisch und dessen Chef Ralph Dommermuth immer schwieriger, in den Markt zu kommen», so Gerpott.
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